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Archiv-Artikel

Am Rande des Abstiegs

Nach der 0:1-Niederlage beim bisherigen Tabellenkeller-Nachbarn 1. FC Kaiserslautern ist Bayer Leverkusen endgültig ein Kandidat für Liga zwei. Da fehlen selbst „Calli“ die Worte

aus Kaiserslautern GÜNTER ROHRBACHER-LIST

Wie sehr die Zeiten sich doch geändert haben für die Leverkusener, war leicht zu erkennen im Verhalten ihres Managers. Bei seinen letzten Besuchen auf Deutschlands höchstem Fußballberg war Rainer Calmund schon vor dem Spiel stets vergnügt und redselig vor die Presse getreten und hatte munter drauflos gedampfplaudert über die glänzende Zukunft des Werksclubs und dessen hehre Ziele. Davon konnte am Samstag keine Rede sein: Ganz allein und sehr nachdenklich stand „Calli“ da vor einem der Fernsehmonitore und verfolgte Ausschnitte von der Vorabend-Zweitligapartie zwischen Aachen und Ahlen. Durchaus möglich, dass ihm dabei durch den Kopf gefahren ist, dass beide Teams bald schon Gegner der eigenen Elf werden könnten – in Liga zwei.

Also: Wieder verloren. Mit 0:1. Gegen den 1. FC Kaiserslautern. Einen direkten Konkurrenten im Kampf gegen den Abstieg. „Die Niederlage tut sehr weh“, fasste Thomas Hörster, der glücklose Trainer, das nach dem durchaus vermeidbaren Misserfolg zusammen. Hörster: „Wir haben guten Fußball gespielt, waren überlegen und hatten auch nach dem Lauterer Führungstor unsere Chancen. Aber wir haben leider die Tore nicht gemacht.“ Nichts an dieser Analyse war falsch. Dann schweifte Hörsters Blick ab ins Leere, und in seinem Gesicht war die ganze Anspannung zu sehen, der Leverkusens Trainer derzeit ausgesetzt ist. Man sah: Auf dem Podium saß ein an sich und seiner Mannschaft zweifelnder, vielleicht schon verzweifelnder Trainer, den eine Frage umzutreiben schien: Auf was, um Himmels Willen, habe ich mich da nur eingelassen?

Dabei: Chancen hatte die erneut umformierte Mannschaft – Hörster hatte Thomas Brdaric, Jan Simak und Cris zu Hause gelassen sowie Yildiray Bastürk, Franca und Oliver Neuville auf die Bank gesetzt – genügend. Wie in der 10. Minute, als Dimitar Berbatows Schuss von Lauterns Bill Tchato erst von der Linie gegrätscht wurde und der Ball schließlich von Hany Ramzys Fuß an den Pfosten geprallt war. Letztes Jahr hätten die Leverkusener aus dieser Chance ein Tor gemacht. Doch auch nach diesem Schreck war Kaiserslautern kaum gefährlicher als Bayer, ging aber durch einen sehenswerten Kopfball von Miroslav Klose fünf Minuten vor der Halbzeit in Führung. Es war bereits die Entscheidung – trotz weiterer Chancen der Gäste. Selbst noch in der Nachspielzeit scheiterte Carsten Ramelow frei vor FCK-Torhüter Tim Wiese an seinen Nerven. Er verzog den Ball. Es war typisch.

Bernd Schneider, einer der besten Leverkusener, redete nach dem Spiel von „Pech“ und beklagte die Schläfrigkeit seiner Kollegen beim Tor des Tages. Nicht nur für ihn „geht es jetzt endgültig um den Klassenverbleib“. Auch Manager Calmund blickte fassungslos auf die Ergebnisse aus Bremen und Mönchengladbach und fand erst später wieder zu Worten: „Jetzt ist so viel Negatives passiert, dass man nichts mehr schönreden kann“, griff er zu einer düstereren Tonart als sein Trainer, der mit der Leistung seiner Spieler zufrieden war und lediglich den mangelnden Output bemängelte.

Bei Leverkusen klammern sie sich nun an die ausstehenden acht Spiele, den Wegfall internationaler Verpflichtungen nach dem blamablen Ausscheiden aus der Champions League – und hoffen, dass ihnen die Länderspielpause hilft. Was sich bis zum ersten Aprilwochenende ändern muss, formulierte allerdings nicht Hörster, sondern der Manager: „Wir zeigen keine Kälte vor dem Tor, uns fehlt die Nervenstärke, und dann haben wir auch nicht das Quäntchen Glück, das man braucht, wenn man da unten drin steht“, haderte Calmund. Im Trainer sieht der Manager unvermindert „das kleinste Problem“. Ein wesentlich größeres könnte hingegen werden, dass die Mannschaft kaum Erfahrung hat im Kampf gegen den Abstieg.

Erik Gerets Trost an die Adresse von Hörster klang ehrlich. „Ein Unentschieden wäre vielleicht verdient gewesen für meinen Kollegen“, fand der FCK-Coach und warnte seine Roten Teufel vor allzu vorschneller Selbstzufriedenheit und dem trügerischen Gefühl, sich schon zu sicher zu fühlen. In Leverkusen hätte sie diese Probleme derzeit nur all zu gern.

1. FC Kaiserslautern: Wiese - Basler, Ramzy, Knavs (47. Harry Koch), Tchato - Timm (62. Teber), Sforza, Anfang - Klose, Lokvenc, Dominguez (73. Klos)Bayer Leverkusen: Butt - Ojigwe, Zivkovic, Juan, Placente - Balitsch, Ramelow, Babic (70. Franca) - Schneider, Bierofka (70. Neuville) - BerbatowZuschauer: 40.160, Tor: 1:0 Klose (39.)